21/03/2012

Ausländer mobilisieren gegen Kürzungen bei HSK-Sprachkursen (Der Bund)

Ausländer mobilisieren gegen Kürzungen bei Sprachkursen
Von Christoph Lenz.                                                                                     Aktualisiert am 16.03.2012
Portugal spart und brüskiert die Exilgemeinde: Sprachkurse werden gestrichen, Botschaftsangestellte leben am Existenzminimum. Nun kommt es in Bern zur Demo. Portugal spart auf Kosten seiner bernischen Exilgemeinde.
Portugal spart auf Kosten seiner bernischen Exilgemeinde.
(Bild: Valérie Chételat)

Sie haben gedroht, sie haben geklagt, sie haben gestreikt. Jetzt wollen die Angestellten der portugiesischen Botschaft ihren Kampf auf die Strasse tragen. Morgen Samstag um 14 Uhr protestieren sie gemeinsam mit ihren im Schweizer Exil lebenden Mitbürgern auf dem Berner Waisenhausplatz. Und zwar gegen ihre Regierung, oder genauer – gegen deren Sparprogramme. «Vielleicht bewegt sich dann etwas», sagt Marco Martins von der portugiesischen Botschaft. Die Betonung liegt auf dem Vielleicht – die Verzweiflung ist inzwischen grösser als die Hoffnung.

Löhne und Kursbeiträge gekürzt
Die Demonstration hat zwei Auslöser. Erstens hat Portugal seinen Botschaftsangestellten unlängst den 13. Monatslohn gestrichen. Dies nachdem die Löhne bereits letztes Jahr gesenkt worden waren und weiterhin in Euro ausbezahlt werden. Eine Anpassung an die neuen Wechselkursverhältnisse blieb bislang aus. Die Lohneinbusse des Botschaftspersonals beläuft sich nunmehr auf teilweise über 40 Prozent. Was das konkret heisst, weiss Marco Martins: «Viele unserer Kollegen verdienen inzwischen unter 3000 Franken netto pro Monat. Das reicht nirgendwo hin.»
Der zweite Grund für die Demo: Die Sparbemühungen treffen nun auch die übrige Exilgemeinde. Die Staatsbeiträge an HSK-Kurse, die portugiesische Kinder in der Schweiz an die Sprache und Kultur der Heimat heranführen sollen, werden drastisch reduziert. Im Dezember 2011 hat die Regierung 20 HSK-Lehrpersonen entlassen, 27 weitere Jobs sollen demnächst abgebaut werden. Von den Massnahmen sind rund 7000 portugiesische Kinder betroffen. Marco Martins sieht darin eine Bedrohung des kulturellen Fundaments der Portugiesen. «Für viele Kinder sind die Kurse die einzige ausserfamiliäre Verbindung zum Heimatland.» 

Griechen und Italiener bangen
Portugal ist bei den HSK-Kursen kein Einzelfall. Wie Eleftheria Marcoyannakis, Berner Koordinatorin des Griechisch-Kurses, bestätigt, ist auch dessen Finanzierung ab 2013 nicht gesichert. «Wir machen uns Gedanken», sagt Marcoyannakis. Bereits stark gelitten hat die italienische Gemeinschaft. «Zwischen 2008 und 2012 hat der Staat seine Subventionen für HSK-Kurse um 70 Prozent gekürzt», sagt Guglielmo Bozzolini, Geschäftsführer der Stiftung Ecap, die sich der Bildung von Italienern in der Schweiz verschrieben hat. Nach Schätzung von Bozzolini sind in der Schweiz rund 4000 Kinder von den Sparmassnahmen betroffen – mehrere Hundert dürften im Kanton Bern leben.
Die Hoffnungen von Bozzolini und Martins liegen nun auch auf der Schweiz. Gemeinsam mit der Gewerkschaft Unia wollen sie sich demnächst an die Eidgenössische Bildungsdirektorenkonferenz wenden. Ziel ist, dass die HSK-Kurse in die schweizerischen Schulstrukturen integriert und durch die Kantone mitfinanziert werden. «Die HSK-Kurse sind ein wichtiges Instrument zur Integration», begründet Bozzolini die Forderung. «Angesichts der Verschuldung von Italien, Portugal und Griechenland ist es lächerlich, dass diese Staaten für die schulische Bildung von Kindern in der Schweiz aufkommen müssen.»

Kanton Bern kann nicht helfen
Der Berner Erziehungsdirektor Bernhard Pulver (Grüne) bedauert die Kürzungen bei HSK-Kursen. Derzeit würden allein im Kanton Bern 450 Kurse in 20 Sprachen angeboten – pro Woche. «Eine wichtige Grundlage für die Integration von ausländischen Kindern», sagt Pulver. Auch deshalb leiste der Kanton Bern organisatorische Unterstützung – etwa indem Klassenzimmer für die Kurse zur Verfügung gestellt würden. Für eine weitergehende Hilfe seien ihm die Hände aber gebunden, sagt Pulver. «Für finanzielle Hilfe fehlen uns die gesetzliche Grundlage und das Geld.»                                   
                                                                                                      (Der Bund)
Erstellt: 16.03.2012, 12:01 Uhr

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